1500 Kilometer - Längste Einsatzfahrt „ever“
Reisebericht Überführung der Drehleiter in die Ukraine
Freitag:
12:00 Uhr
Die Drehleiter steht bereit für ihre letzte große Reise. Wir, die drei Kameraden Michael Kienzler, Bernd Kaltenbach und Markus Dieterle verstauen unsere Taschen in den letzten freien Geräteräumen und richten uns in der Fahrerkabine häuslich ein. Zuvor wurde das Fahrzeug vom Schonacher Bauhofteam mit allerhand Ausrüstung bepackt und nochmal durchgecheckt, damit der langen Reise nichts mehr bevorsteht.

12:55 Uhr

Verabschiedung der „alten Dame“ in durch Bürgermeister Jörg Frey und Kommandant Dirk Schuler. Wir machen uns auf den Weg, über Offenburg und die A5 geht es nach Karlsruhe zum vereinbarten Treffpunkt auf der Hauptwache der Berufsfeuerwehr, pünktlich um 15:40 Uhr sind wir dann in Karlsruhe angekommen.
Erstes Resümee nach knapp der 2,5h Fahrt: Das „Schätzchen“ ist laut, stinkt und fährt sich sehr gut!
Kurzes Kennenlernen der anderen Teilnehmer am Konvoi: -„Was habt ihr für ein Fahrzeug dabei? wie alt? Ausstattung? etc.“ Sicher kann man sagen, dass unsere alte Dame mit Abstand das älteste Fahrzeug im Konvoi war. Viele der Anwesenden interessierten sich für unser Fahrzeug.
17:00 Uhr
dann große Verabschiedung durch:
- Bürgermeisterin von Karlsruhe Bettina Lisbach
- Landesbranddirektor Thomas Egelhaaf
- Landesbeamten des Landkreises Freudenstadt, Reinhard Geiser.

17:50 Uhr
Start des Konvois in Richtung Bruchsal zum ersten Tankstopp, da wir und auch einige weitere Fahrzeuge bereits eine weite Anfahrt hatten. Nach knapp einer halben Stunde Ankunft am Rasthof Bruchsal.
Das Auftanken lief so ab: Fahrzeug tankt, die Zapfpistole wird ohne Einhängen innerhalb max. 1 min. direkt an das nachfolgende Fahrzeug übergeben. Damit konnten mehrere Fahrzeuge auf einmal betankt werden, ohne jedes Mal zur Kasse rennen zu müssen.
Bernd hat es sich nach der Pause im Begleitbus gemütlich gemacht, um sich noch für die anstehende Nachtschicht auszuruhen.
18:35 Uhr
Start des Konvois in Richtung Norden bis zum Autobahnkreuz Walldorf, danach über die A6 in Richtung Heilbronn/Nürnberg. Fahrer Michael und Copilot Markus sind nun mitten im Konvoi aus insgesamt zwei Drehleitern, einem Tanklöschfahrzeug, vier Löschfahrzeugen und einem Schlauchwagen für die ukrainischen Feuerwehren. Der Konvoi wird angeführt vom Einsatzfahrzeug des Freudenstädter Kreisbrandmeisters Frank Jahraus, der das Projekt initiiert hat.
21:20 Uhr
kurz vor Nürnberg, Pause und Tankstopp am Rasthof Kammersteiner Land, Gelegenheit für einen Kaffee/Snack/WC und Fahrerwechsel. Nach einem leckeren Abendessen aus Bratwurst und Brot mit heißem Kaffee aus der Bordküche des Reisebusses geht es weiter. Fahrer Michael wechselt in den Bus und ruht sich aus, Markus übernimmt das Steuer und Bernd ist ab jetzt verantwortlich für Musik und Unterhaltung.
22:05 Uhr
Konvoi fährt weiter auf der A9 in Richtung Bayreuth / Chemnitz
Beladen ist unsere Drehleiter im Übrigen nicht nur mit einigen Ersatzreifen und Ersatzteilen, sondern auch noch mit einer ausgemusterten Tragkraftspritze inklusive der dafür erforderlichen Saugschläuche und Armaturen, auch wurden uns von der Freiwilligen Feuerwehr Gremmelsbach noch weitere Ausrüstungsgegenstände gespendet, darunter ein kleines Notstromaggregat, jeweils 4x C und B Schläuche und drei C-Strahlrohre. Dafür vielen Dank!
Dank neuem TÜV und SP sowie einer gründlichen Inspektion der Mechaniker des Schonacher Bauhofs ist die Drehleiter bestens vorbereitet für die lange Überführung und viele weitere Betriebsstunden.
01:00 Uhr
kurze Verschnaufpause Rasthof Auerswalder Blick Süd bei Chemnitz. Gelegenheit für ein kurzes Nickerchen und auch einen technischen Checkup vom Fahrzeug und vor allem Motor.
03:00 Uhr
Weiter gehts, wieder Fahrerwechsel, der bisherige Beifahrer Bernd ist auf den Fahrersitz umgezogen, und Michael, der aus der Pause zurückkam, rückt auf den Beifahrersitz. Markus, der bisherige Fahrer durfte es sich dann im Reisebus gemütlich machen. So konnte quasi Nonstop durchgefahren werden.
Weiter geht’s auf der bisher längsten Etappe auf der A4, vorbei an Dresden in Richtung Görlitz bis zum Grenzübertritt nach Polen gegen kurz nach 5:00 Uhr morgens. Ohne größere Probleme ging die Fahrt dann weiter.
Unsere DLK war am Anfang für viele der „Bremsklotz“. Mit zunehmender Dauer der Reise hat sich die alte Dame mehr und mehr Respekt verschafft: auf unübersichtlichen, von LKWs vollgeparkten Rastplätzen wusste jeder gleich, wo der Konvoi zu finden war: unvergleichbarer Sound!
Am Berg war es ab und an durch fehlende PS nicht immer möglich, mitzuhalten, aber einmal oben angekommen, wurde dann aufgeholt.
Der Geschmack (Duft-„Wolke“) hatte relativ bald einen hohen Berühmtheitsgrad.
Fazit: ja länger die Fahrt dauerte, umso mehr Lob kam rüber von unseren Konvoi-Kameraden.
Nachdem die DLK dann direkt hinter dem Führungsfahrzeug fuhr, war schnell klar, dass sie eigentlich nur am Berg schwächelt.
7:00 Uhr
Samstagmorgen, der nächste Tankstopp kurz vor Breslau und eine kurze Frühstückspause mit Fahrerwechsel. Nach der langen Etappe konnte nun Bernd es sich im Bus bequem machen, während Michael wieder das Steuer übernahm.
07:45 Uhr
Weiter ging die Fahrt in Richtung Ukraine im Konvoi. Funfact am Rande, aufgrund des fehlenden festverbauten Radios wurde sich kurzerhand mit einem mobilen Grundig Koffer-Radio mit LCD Display beholfen, der Copilot Markus musste in Polen alle 15 Minuten einen neuen Sender suchen (zu viel Gelaber oder schlechter Empfang). Es waren sich aber alle Fahrer einig, der beste Sound lieferte immer noch der Original-Soundgenerator von MAGIRUS, dessen Sound war unverkennbar und lautstark und konstant
Des Weiteren wurde unser alter Schatz für die lange Fahrt noch mit einem Onboard Navi 6“ TomTom und zusätzlichen KFZ-Steckdosen ausgerüstet, um Smartphones und Tabletts laden zu können.
09:30 Uhr
Freunde und Bekannte eines Kameraden in der polnischen Heimatstadt Jasiona begrüßen uns bei der Durchfahrt

11:45 Uhr
Mittagspause in der Nähe von Krakau. Die Busfahrer verwöhnen uns mit einer leckeren Gulaschsuppe. Nach dem Volltanken und Fahrerwechsel geht es gegen halb 1 wieder auf die Bahn und im Konvoi weiter. Ohne Zwischenfälle ging es weiter, Fahrer Markus konnte das Tempo im Konvoi gut mithalten.
16:20 Uhr
letzter Tankstop und Pause vor der geplanten Ankunft in Belzec. Ab hier hat Bernd wieder das Steuer übernommen und fährt nun die letzten Kilometer bis zur polnischen Stadt Belzec, wo der Konvoi die Nacht verbringen wird.
18:20 Uhr
Ankunft in der Gemeinde Belzec - glücklich aber erschöpft
Hier trafen wir auf die niedersächsischen Feuerwehrkameraden sowie auf Bürgermeister Andrejz Adamek, den Kreisfeuerwehrkommandanten Stanislaw Kielech und Dolmetscherin Bogumilla. Nach einem leckeren Abendessen haben wir unser Massenquartier in einer Sporthalle bezogen.
07:30 Uhr
Sonntagmorgen Frühstück.
09:00 Uhr
Abfahrt in Richtung Grenze Polen/Ukraine mit insgesamt 13 Feuerwehrfahrzeugen. Trotz vorheriger Abfertigung und Übersetzung der Papiere dauert der Grenzübertritt doch einige Stunden (ganz, ganz zäh…). Die Begleitfahrzeuge blieben auf Polnischer Seite stehen. Michael durfte die letzten Kilometer mit der alten Dame fahren und sie über die Grenze bringen.
11:30 Uhr
Übergabe und Einweisung
Bei der Übergabe in der Ukraine hat man uns dann Andrej von der Feuerwehr Lviv/Lemberg aus der Ukraine zugeteilt, um ihn in die DLK einzuweisen.
Eine gute Wahl: er hatte Erfahrung mit einer Magirus-DLK Jg. 1976 und hatte unsere alte Dame schnell im Griff und konnte unsere Hinweise schnell umsetzen.
Bingo!
Es tut gut zu wissen, dass das Gerät in Hände kommt, welche damit umgehen können.
Gruppenfoto aller beteiligten Kameraden des Hilfskonvois nach der Ankunft am EU-Grenzübergang Hrebenne
14:30 Uhr
Ein letztes Foto...

...und dann Fussmarsch zurück nach Polen zu den Begleitfahrzeugen. Der Grenzübertritt zu Fuß ist wesentlich einfacher als die Einreise per LKW. Als die Ukrainer die übernommenen Fahrzeuge mitgenommen haben, standen wir zu Fuß an der Grenze, konnten nichts sehen, aber jeder aus der Gruppe hat gesagt: „die Schonacher Leiter fährt los“. Was für ein Gefühl…
16:30 Uhr
Ankunft in Belzec für das Abendessen
18:00 Uhr
Abfahrt in Belzec – Die Rückreise im Reisebus ist im Vergleich zur Hinfahrt im Oldtimer das krasse Gegenteil:
- 3 Busfahrer (Top Typen); dadurch kann durchgefahren werden
- Top-Sitze mit viel Platz (auch im Fussraum)
- WLAN
- jede Sitzreihe mit 230Volt Steckdose (Handy laden, etc.)
- WC
- die Busfahrer umsorgen uns: sie bringen uns sogar das Bier an den Sitz 😉
Fazit:
Längste Einsatzfahrt „ever“ für die DLK: ca. 1.500 km mit 6 Tankstopps & Fahrerwechseln (sie war nie leer, wir wollten immer schauen, wie viel Diesel sie verbraucht hatte, aber die Tankstops waren so eng durchgetaktet, dass dazu leider keine Zeit blieb. Der Beifahrer musste schauen, dass die Übergabe der Zapfpistole, das Wegfahren von der Säule, die Reinigung Scheiben/Spiegel, etc. läuft.
Hinter uns liegen anstrengende Tage, aber wir sind froh das Ziel erreicht zu haben und es zeigt sich wie gut die Feuerwehr als Gemeinschaft funktioniert. Der Zusammenhalt und das Miteinander in der Gruppe waren von Anfang an super. Ein besonderes Lob von unserer Seite auch an die Busfahrer der Firma Schweizer, die uns in ihrem 5 Sterne Bus immer hervorragend verpflegt haben.
Die Tour war vom Landkreis Freudenstadt hervorragend organisiert und alles funktionierte wie geplant (die Zeiten an der Grenze und Staus kann man halt nicht beeinflussen). Wir wurden von den Kameraden in Polen herzlich aufgenommen und verpflegt, gerade in diesen schweren Zeiten mit den Flüchtlingen keine Selbstverständlichkeit.
Auch war die Unterstützung beim Grenzübergang sehr groß, ohne die polnischen Helfer hätte dies wohl nicht funktioniert.
Auch die Kameraden aus der Ukraine haben uns herzlich empfangen und haben Ihre Dankbarkeit mehrmals zum Ausdruck gebracht. Es war auch für uns ein ergreifendes Erlebnis.
Die Unterweisung des Feuerwehrmann aus der Ukraine fand mit Händen und Füßen sowie einer Mischung aus englisch, deutsch und Handzeichen statt, aber es hat alles funktioniert wie Andrej uns dann vorgeführt hat.
Mit Freude haben wir uns bei Andrej verabschiedet und den Kameraden alles Gute gewünscht.
Zu Fuß haben wir dann die Grenze von der Ukraine zurück nach Polen überquert und dabei unsere alte Dame in die Ukraine fahren sehen. Mit ein, zwei Tränen im Auge haben wir uns dann auf den Rückweg gemacht.